Montag, 16. März 2020

Gewusst wie: Frankreich muss nicht teuer sein (2)

Supermärkte - und dort als Sahnehäubchen die Hypermarchés - sind die Spitze der fünfstufigen Versorgungspyramide in Frankreich. Nach dieser Oberliga kommen Discounter, Landwarenhäuser, Tante-Emma-Läden, fliegende Händler, womit Stadt und Land bei Laune gehalten werden. Dabei gibt es in Frankreichs ländlichen Gegenden ein dichteres Netz an größeren Einkaufsstätten. Die Umgebung von Flaujagues mit dem Kuhrhaus stellt ein gutes Beispiel dar. Freundlich für den Geldbeutel sind die angeschlossenen Tankstellen mit großen Preisunterschieden zu Markentankstellen.

Die ganz Großen - die Hypermarchés

Im Umkreis vom Kuhrhaus in acht bis 23 Kilometern gibt es zwei Hypermarchés in Pineuilh (20 km) und Libourne (23 km).
Der mit Abstand bestsortierte Hypermarché (sprich: ipermarschee) gehört zur E.Leclerc-Kette und liegt an der Avenue de la Résistance in 33220 Grand Pineuilh. Er ist ein großzügig angelegtes Handelszentrum (Vollsortiment) mit zahlreichen Ladengeschäften in und an diesem Einkaufstempel. Es hat eine riesige überdachte Parkfläche (hervorragend im Sommer). Das Ausmaß der Einrichtung überrascht, weil der Ort und die Nachbarstadt zusammen nur rund 7000 Einwohner haben; in den Dörfern im Umfeld wohnen etwa 15.000.
Bemerkenswert ist die Lebensmittelabteilung in diesem Hypermarché, der zudem ein großes Angebot an Textilien, Kosmetik, Haushaltwaren und -geräten sowie Schmuck, Büchern und Tonträgern vorhält. Einen Blick ins Innere des Hauses gibts hier. Große Abteilungen für Backwaren und Torten aus der hauseigenen Bäckerei, für Obst und Gemüse mit Schwerpunkten auf französischen und regionalen Produkten, für Fisch und Meerestiere, für Käse und Milchprodukte und für Wein. Den Vogel schießt die Fleischwaren-Abteilung mit eigener Fleischerei in der Größe einer Discounterfiliale ab. Sie hat nach Fleischsorten und Tierrassen sortierte Kühlkolonnen, eine Theke für Frischfleisch und eine große Theke für Schinken, Würste, feine französische Pasteten sowie Dutzende Fertiggerichte.
Der zweite Hypermarché gehört zur Carrefour-Gruppe und befindet sich in 23 Kilometer Entfernung direkt am Ortseingang von 33500 Libourne, ein Ort mit knapp 25.000 Einwohnern. Einblicke gibt es hier. Er ist in die Jahre gekommen und kleiner, hat dafür mehr eingemietete Geschäfte. Das Angebot wirkt schmaler und die Präsentation beengt.

Eine Nummer kleiner - der Supermarché

Einen E.Leclerc-Supermarché beherbergt Castillon-la-Bataille. Er liegt am Chemin de Perrin im Ortsteil 33350 Saint-Magne-de-Castillon (9 km). Da in 1000 Meter Entfernung eine Lidl-Filiale existiert, sind Alltagseinkäufe auf kurzen Wegen gut zu koordinieren. Der Supermarkt ist etwas kleiner wie ein Hypermarché und entspricht deutschen Erwartungen, er hat ein breites Angebot auch im Nonfood-Bereich, bäckt seine eigenes Baguettes und hat ein gutes Fleisch- und Fischangebot. Hier ein Einblick.

Genialer Mix - die Supermarkt-Discounter

Alle anderen Märkte wie Intermarché und Super U (sprich: süper ü) sind ein Mix aus Supermarkt und Discounter. Deswegen nicht schlecht, weil man sich schneller durch ein überschaubares Angebot als durch ambitionierte 1001 Produkte ähnlicher Marken kämpft.
Einen Intermarché gibt es in Sainte-Foy-La-Grande (19 km). An einem Kreisverkehr der Avenue de Mézières in 33220 Port-Sainte-Foy-et-Ponchapt liegt das kleine Einkaufszentrum, das gut zu erreichen ist. Hier gibt es einen Einblick ins Innere.
Der Intermarché von 33350 Castillon-la-Bataille (8 km) liegt direkt im Zentrum an der Avenue Jules Ferry. Hier gibt es einen Einblick.
Zu dieser Markt-Klasse gehört die Kette „Super U“. Er liegt an der Avenue du Marechal Juin in 33220 Grand Pineuilh (das „Grand“ spielt umgangssprachlich keine Rolle). Ein Blick ins Innere.

Es lebt wieder - das Landwarenhaus

Die Carrefour-Gruppe unterhält Landwarenhäuser unter der Marke „Contact“. In Les Réaux (10 km), ein Ortsteil von 24230 Vélines, ist eins davon zu finden.

Hungrige Sparschweine - die Tankstellen

Alle genannten Hypermärkte, Supermärkte und Supermarkt-Discounter haben eigene, preiswerte Tankstellen, Autowäschen und Staubsauger. Diese Service-Stationen sind freien oder Marken-Tankstellen vorzuziehen. Die Preisdifferenz pro Liter kann bei 30 Cent und mehr liegen. Die Nase bei den Tiefpreisen vorn haben die Service-Stationen der E.Leclerc-Kette. Ein Hit ist die bürstenlose Autowaschanlage beim Contact-Landwarenhaus. (kuhrhaus)

Mittwoch, 11. März 2020

Gewusst wie: Frankreich muss nicht teuer sein (1)

Das Leben in Frankreich muss nicht teurer sein als in Deutschland. Auch nicht im Urlaub. Es sei denn, man gönnt sich Extras, gerade weil Urlaub ist. Das ist in Ordnung, kostet aber. Ein Urlaub in Südfrankreich ist locker zu Lebenshaltungskosten wie in Deutschland möglich. In diesem Post dreht sich alles um Discounter, die in Südfrankreich gut vertreten sind. Es sind Anbieter, die Deutsche kennen. Sahnehäubchen ist ein extraordinäres Outlet-Center in Bordeaux.

Regional ist Lidl gut vertreten

Am häufigsten vertreten ist rund um Flaujagues der Discounter Lidl mit sechs Filialen. Die nächst gelegene Lidl-Filiale ist acht Kilometer entfernt und befindet sich mitten in Castillon-la-Bataille. Im Umkreis von gut 30 Kilometern finden sich die anderen fünf Dependancen von Lidl. In Pineuilh (19 km), in Libourne (25 km) in Coutras (34 km) und zwei in Bergerac (45 km). Das Angebotsprogramm wechselt zweimal wöchentlich wie in Deutschland, mit einer Woche „Verspätung“ gibt es bei den wichtigsten Dingen wie Textilien, Technik und Lebensmittelaktionen die gleichen Artikel wie im Heimatland, echte Nürnberger Bratwürste eingeschlossen. Dazu kommen landestypische Produkte. Die Preise sind vergleichbar. Oft liegen die regionalen Filialen unweit von größeren Supermärkten, so dass Wochenendeinkäufe mit kurzen Wegen gut zu koordinieren sind. Lidl unterhält in Frankreich rund 1500 Filialen, ein Marktmacht.

Aldi hat Nachholbedarf

Aldi Nord – mit gut 900 Filialen und einem veränderten Logo in Frankreich – ist nahe Flaujagues ebenfalls vertreten, aberspärlicher als die Konkurrenz aus Deutschland. Filialen sind in Bergerac, Coutras und Saint-Seurin-sur-l’isle (28 km). Aldi hat ähnliche Gepflogenheiten für den Sortimentswechsel wie Lidl. Doch das Angebot gilt als abgespeckt, der Markteinfluss als deutlich geringer. Das will Aldi längerfristig ändern. Das Unternehmen verhandelt über die Übernahme der französischen Discounterkette Leader Price mit über 650 Filialen. Aldi Nord hat das erklärte Ziel, zu Lidl in Frankreich aufzuschließen. Viel Zukunftsmusik.

Und noch eine Netto-Kette

In Bergerac und Coutras gibt es Märkte vom französischen Discounter „Netto“. Aus deutscher Sicht ist das die dritte Handelskette mit diesem Namenszug. Sie hat nichts zu tun mit den beiden Nettos in Deutschland (mit und ohne Hund), die jeweils selbstständig sind.

Bordeaux - Großes Outlet-Center "Kai der Marken"

Eine besondere Rolle spielt in der Welt der Rabatte und Niedrigpreise das Quai des Marques in Bordeaux. Das „Kai der Marken“ ist das größte Outlet-Center Südfrankreichs. 34 Boutiquen mit rund 400 Marken sowie 13 Restaurants, Cafés und Brasserien zum Verschnaufen säumen den alten Hafen entlang der Garonne. Geöffnet ist von Dienstag bis Sonntag, von 10 bis 19 Uhr. Dort gibt es ganzjährig Luxusmode Prêt-à-porter mit Ermäßigungen von 30 Prozent und mehr. Zu finden sind Marken wie Guess, Diesel, Moschino, Tommy Hilfinger und Thierry Mugler, Teddy Smith und Café Coton. Top-Sportklamotten von le coq sportif oder Reebock, Schuhe von Clarks oder Heyraud. An Kindermode ist ebenso gedacht wie an feine Unterwäsche, Bade- und Nachtmoden… Ein perfekter Tag ist bei so einem Einkaufsbummel schnell vorbei. (kuhrhaus)

Dienstag, 3. März 2020

Flaujagues – ein überraschend ausgeschlafener Ferienort

Flaujagues ist ein überraschend ausgeschlafener Ort am Ufer der Dordogne. Mit gut 600 Einwohnern, darunter Engländer, Amerikaner, Deutsche und Niederländer, ist er ein fast normales französisches Dorf. Doch Flaujagues wächst stetig gegen den Trend seit Mitte der 1970er Jahre, als es noch 418 Seelen zählte.
Copyright: kuhrhaus (3: 2 oben, 1 u.li.), Wappen: Wikipedia/Gaalad de
Nelly (CC BY 3.0), C. Delburg (u.re.)
Das nette Dorf gehört heute zum Speckgürtel von Bordeaux. Nachdem dort bezahlbarer Wohnraum knapp wurde, wohnen Studenten und Mitarbeiter der Universität, Eventmanager, Kulturschaffende und Angestellte in Flaujagues. Eine Bahnlinie in der Nähe hilft, in der Rushhour die Staus vor und in Bordeaux zu umfahren.


Fast schon exotisch: Urlaub am Nullmeridian 

Flaujagues‘ Territorium berührt den Nullmeridian. Ein Leben am Nullpunkt führen seine Weinbauern, Kellermeister, Handwerker, Dienstleister, Lehrer und Rentner nicht. Es geht ruhig zu. Zu ruhig, meinte vor zwei Jahren eine Initiativgruppe und gründete den Verein „La Flaujaguaise“ zur Auffrischung des Dorflebens. Heute zählt er über 100 Mitglieder, ich bin eins davon. Der frische Wind ist spürbar. Mehr bürgerschaftliches Engagement, mehr Selbstbewusstsein – auch gegenüber dem im Juni neu gewählten Gemeinderat und seiner neuer Bürgermeisterin.

Restaurant und Baguette-Service inklusive

So gelang es, das Restaurant in der Ortsmitte wiederzueröffnen. Das ist anderhalb Jahre her, und auch trotz Corona ist es weiterhin ratsam im „Le P’tit Flaujaguais“ zu reservieren. So gut ist seine Küche, so nett seine Macher. Seit Mitte September komplettiert eine kleine Café-Bar mit Baguette-Service die Nahversorgung. Bio-Produzenten am Ort liefern Gemüse und Obst. Örtliche Winzer dominieren mit ihren Weinen die Getränkekarte.
Flaujagues steht auf altem Nutzland. Niemand vermag zu sagen, wann und woher die ersten Siedler kamen. Ortschronisten schließen nicht aus, dass auf dem heutigen Territorium ein römisches Dorf existierte. In alten Quellen zu Flaujagues gibt es Hinweise auf eine Furt in der für Wein, Weizen und Weidevieh fruchtbaren Flussaue der Dordogne. Die Furt war weithin bekannt und gut frequentiert: von Nutztieren, Lastkarren, Pilgern - und Armeen.

Alles fließt - nicht nur die Dordogne

Ein Landschloss am Ufer der Dordogne – Château de Clos Foucaud, ein gerade stilvoll renovierter Bau aus dem 16. und 17. Jahrhundert – gehört zum Ortsbild von Flaujagues wie die Weinkooperative „Les Guinots“, zwei winzige Kirchen, eine kleine Schule mit Vorschulklasse für Drei- bis Sechsjährige und einer Grundschule für Kinder aus umliegenden Orten. Kanuten legen gern am kleinen Hafen an oder ab. Die Mehrzahl der Gebäude im Ortskern sind wie die beiden „Kuhrhäuser“ respektable Natursteinbauten.
Es gibt keine Industrie, nur ein Startup. Junge Enthusiasten züchten Blaualgen und stellen daraus ein Nahrungsergänzungsmittel (Spirulina) her. „La Spiruline de Julie“, so der Firmenname, bietet als Hit im Werksverkauf eine Schokolade mit den gesunden Mikroalgen an. Sie steht – schenkt man Facebook Glauben - bei gesundheitsbewussten Naschmäulern hoch im Kurs.

Lust an Freizeit statt Last durch Arbeit

Und die Dordogne? Sie trug Jahrtausende lang geduldig jede Last – anfangs waren Flöße, später hölzerne Lastkähne und im 19. Jahrhundert Dampfschiffe für den Warenverkehr von und nach Bordeaux zuständig. Die Eisenbahn schickte den Fluss in die wohlverdiente Rente und beendete seine Ära als Transportweg. Heute ist die Dordogne willkommener Partner für den Tourismus - zum Baden, Surfen, Angeln und Paddeln. Ihr ab Flaujagues breites, flaches und langgestrecktes Tal gilt als Eldorado unter Radfahrern.(kuhrhaus)